Weißt du noch? – Wie Erinnerungen wieder wach werden

Bereits in der Kindheit bilden sich erste Erinnerungen und im Laufe des Lebens werden es stetig mehr. Aber wie gelingt es, dass wir uns an persönliche Erlebnisse nach einiger Zeit wieder erinnern? In einer neuen Studie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) wollen Forschende untersuchen, inwiefern das Arbeitsgedächtnis an der Aktivierung von Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis beteiligt ist. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert das Projekt die kommenden drei Jahre.

Symbolbild Bibliothek, Hervorhebung Zitat (in Text enthalten)

Es ist bekannt, dass Menschen Erinnerungen in verschiedenen Langzeitgedächtnissen speichern können: Im episodischen Langzeitgedächtnis werden Informationen über persönlich Erlebtes „gelagert“ – beispielsweise ein Freibadbesuch im vergangenen Sommer. Unklar ist hingegen, wie diese Informationen abgerufen werden. Eine Hypothese lautet, dass die Informationen aus dem Langzeitgedächtnis über Arbeitsgedächtnisprozesse wieder aktiviert werden. Das Arbeitsgedächtnis hält kurzfristig Informationen bzw. Reize aus der direkten Umgebung bereit. Das ermöglicht es dem Menschen beispielsweise Zusammenhänge zwischen aktuellen Reizen und bereits Gelerntem oder Erlebtem zu erkennen. Es fungiert quasi wie eine „Zeitbrücke“ zwischen dem Jetzt, der Zukunft und der Vergangenheit.

Aktivierung des Langzeitgedächtnisses

Solche Zusammenhänge werden in einem neuen DFG-Projekt unter der Leitung von IfADo-Psychologe Dr. Daniel Schneider untersucht. „Das episodische Langzeitgedächtnis ist wie eine Bibliothek. Wir vermuten, dass das Arbeitsgedächtnis die Bibliothekarin ist, die das gesuchte Buch findet und zur Verfügung stellt“, erläutert Schneider. Der Gedächtnisforscher möchte dazu die neuronalen Muster genauer analysieren, die sich beim Merken und späterem Erinnern zeigen.

Hirnaktivität beim Merken und Erinnern

Dazu sollen Probandinnen und Probanden verschiedene Gedächtnisaufgaben bewältigen. Ihnen werden Objekte an bestimmten Positionen gezeigt, die sie sich für eine spätere Aufgabe merken müssen. Gleichzeitig wird über ein Elektroenzephalogramm (EEG) die Hirnaktivität aufgezeichnet.

Wenn wir uns Informationen einprägen wollen, spielen zwei Aspekte eine Rolle: Zunächst wird der Reiz sensorisch verarbeitet, wir sehen ihn zum Beispiel. Anschließend wird die Information im Arbeitsgedächtnis gespeichert und bei Bedarf weiterverarbeitet.

In vorangegangenen Studien konnte bereits gezeigt werden, dass das neuronale Muster beim Einprägen von Informationen dem Muster ähnelt, dass beim Erinnern der Informationen auftritt. Über verschiedene EEG-Analyseverfahren soll nun geprüft werden, ob beim Erinnern die sensorische Information, also das Abbild des Gesehenen, oder aber der Inhalt des Arbeitsgedächtnisses, also die bereits weiter verarbeitete Information, erneut aktiviert wird. So können Rückschlüsse gezogen werden, inwiefern das Arbeitsgedächtnis nicht nur beim Einprägen, sondern auch beim Erinnern beteiligt ist.

Es geht darüber hinaus um die Frage, inwiefern dieser Erinnerungsprozess bewusst kontrolliert werden kann und wie stark er dementsprechend durch das Arbeitsgedächtnis gesteuert wird. „Diese Erkenntnisse sollen in einem weiteren Schritt auch zu einem besseren Verständnis darüber führen, wie das Vergessen auf der Ebene des Langzeitgedächtnisses umgesetzt wird. Zu vergessen ist für Menschen genauso wichtig wie das Erinnern und auch hier gibt es noch große Forschungslücken“, erläutert Schneider.

Wissenschaftlicher Kontakt:
PD Dr. Daniel Schneider
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Verena Kemmler
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