Bereits 1912, im ersten Jahr ihres Bestehens, beschloss die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft die Gründung eines Instituts, das „die wissenschaftliche Erforschung der Physiologie, Pathologie und Hygiene der geistigen und körperlichen Arbeit“ fördern sollte.Die Grundlage für diesen Beschluss war eine Denkschrift von Max Rubner, in der er die Aufgabe der künftigen Arbeitsphysiologie skizzierte. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Arbeitsphysiologie nahm 1913 seine Arbeit in den Kellerräumen des Physiologischen Instituts in Berlin auf und bezog 1916 ein neues Gebäude in der Invalidenstraße. Bis zum Jahre 1926 wurde es von Max Rubner geleitet. Der verdiente Physiologe und Ernährungsforscher gilt daher als Taufpate der damals neuen Forschungsrichtung der Arbeitsphysiologie.
In den Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg stand die Erforschung der körperlichen Aspekte von Arbeit im Mittelpunkt der Arbeitsphysiologie. Fragen der Energetik des menschlichen Körpers waren von besonderem Interesse und wurden durch Analysen zur rationellen Ausführung unterschiedlicher Arbeitsvorgänge bearbeitet. Daneben wurden auch andere Untersuchungen zur körperlichen Arbeit, etwa zum Muskelstoffwechsel und zur Ernährung durchgeführt. Angesichts der Konzentration auf körperliche Arbeit lag es nahe, das Institut dichter an das Zentrum der deutschen Schwerindustrie zu rücken. Das Ruhrgebiet expandierte zur damaligen Zeit explosionsartig, Arbeitskräfte aus allen Teilen Deutschlands, sogar aus ganz Europa, wurden von den neuen Verdienstmöglichkeiten im Bergbau und in der Stahlindustrie angezogen. Forschung zur Arbeitsphysiologie auf diesen Gebieten war dringend notwendig, zumal es sich dabei um besonders unfallträchtige und besondere Krankheiten verursachende Industriezweige handelte. Aus diesen Gründen zog das Institut im Jahre 1929 nach Dortmund um. Gleichzeitig wurde im westfälischen Münster eine Zweigstelle eingerichtet, die bis 1941 die Anbindung an die dortige Universität sicherstellte.
Inhaltlich blieben die Arbeiten in Dortmund weiter auf die körperliche Arbeit konzentriert. Fragen der körperlichen Leistungsfähigkeit und ihre Beeinflussung gewannen eine zentrale Bedeutung. Untersuchungen zum Schwitzen und Trinken bei Hitzearbeit sowie über die staubfilternden Eigenschaften der menschlichen Nase stehen in enger Beziehung zum schwerindustriellen Umfeld. Allerdings wurde mit dem Umzug nach Dortmund auch erstmals eine psychologische Abteilung eingerichtet. Sie untersuchte vor allem zeitliche Verläufe der Arbeitsleistung und damit natürlich auch Fragen der Arbeitszeit und der Pausengestaltung.
Im Krieg wurde das Institut fast vollständig zerstört. Der Zweite Weltkrieg brachte eine Zäsur auch für die Dortmunder Arbeitsphysiologie. 1942 wurden die Forschungsarbeiten weitgehend eingestellt, wichtige Aufzeichnungen und Geräte lagerte man nach Bad Ems und Diez an der Lahn aus. Die Auslagerung kam rechtzeitig, denn 1944 wurde das Dortmunder Institut praktisch vollständig zerstört. Während des Krieges standen ernährungsphysiologische Untersuchungen im Mittelpunkt, sie bildeten die Grundlage zur Bemessung der Nahrungsmittelzuweisungen. Nach dem Krieg trugen sie dann zur Implementierung des Marshall-Planes bei.