(Kleinsorge, Scheil, Fan)
Im Fokus stehen kognitive Prozesse, die einer flexiblen Verhaltenssteuerung zugrunde liegen. Zur flexiblen Verhaltenssteuerung gehört die Fähigkeit, rasch zwischen Aufgaben wechseln zu können. Dabei wird das kognitive System vorübergehenden relativ instabil, was sich in einer Veränderung der Reaktionszeiten und Fehlerraten (Wechselkosten) äußert.
Die Effizienz von Aufgabenwechseln hängt von einer Reihe von Faktoren ab:
- Die Aufgabenstellung der zuvor ausgeführten Aufgabe ist nach dem Wechsel noch hoch aktiviert, was zu massiven proaktiven Störungen führen kann. Die Kontrolle dieser Störungen hängt stark von hemmenden Prozessen ab (Scheil und Kleinsorge, 2014a, b).
- Eine wesentliche Rolle spielt auch die Art und Weise, wie Informationen über einen bevorstehenden Aufgabenwechsel präsentiert werden (Kleinsorge und Apitzsch, 2012).
- Ein dritter wichtiger Faktor ist die Gesamtheit der Aufgaben, deren Erfüllung in einer bestimmten Situation erforderlich ist (Kleinsorge et al., 2004; Kleinsorge und Scheil, 2015a).
- Darüber hinaus stützt sich die Antizipation einer bevorstehenden Aufgabe stark auf Vorhersagen (‚predictive coding‘). Je nach Situationsmerkmalen modulieren diese Vorhersagen systematisch das Gleichgewicht zwischen kontrollierter und automatischer Informationsverarbeitung (Kleinsorge und Scheil, 2016, 2018).
- Auch Vorhersagefehler wirken auf Aufgabenwechsel. Basieren die Vorhersagefehler auf bloßem Raten Sc, sinken die Wechselkosten bei falscher Vorhersage signifikant, da wahrscheinlich ein höheres Maß an kognitiver Kontrolle rekrutiert wird. Vorhersagefehler bei einer Auwahl der Aufgabe (wenn nicht jeder Wahl entsprochen wird) reduzieren die Wechselkosten hingegen nicht (Kleinsorge und Scheil, 2015c und 2016). Der Unterschied zwischen Raten und Wählen wird dabeifast ausschließlich von Top-down-Faktoren getrieben (Kleinsorge und Scheil, 2018).
Darüber hinaus untersuchen wir die Auswirkungen von vorgestellten Bewegungen (Motor Imagery / MI ) auf kognitive Kontrollprozesse. MI meint die mentale Ausführung einer Bewegung. Durch die Kombination von MI mit einem Aufgabenwechselparadigma konnten wir zeigen, dass die Kosten für den Aufgabenwechsel und die Kosten für den Antwortwechsel (von offener Reaktion auf MI oder umgekehrt) additiv sind (Scheil und Liefooghe, 2018). Während eine Subadditivität der Kosten in der Regel als Hinweis für eine Integration beider Parameter in eine einheitliche Aufgabenrepräsentation angesehen wird, deutet ein additives Muster darauf hin, dass dies nicht der Fall ist: Es scheint, dass keine aufgabenspezifischen Handlungsregeln gebildet und in die Aufgabenrepräsentation integriert werden.
In einem weiteren Projekt untersuchen wir dopaminerge Prozesse, die der flexiblen Steuerung des Verhaltens zugrunde liegen. Nachdem wir auf der Basis von Augenblinkraten bereits indirekte Evidenz für eine Beteiligung dopaminerger Projektionen des Rezeptor-Subtyps D2 in dieser Hinsicht gewinnen konnten, manipulieren wir diesen Rezeptottyp nun direkt mittels pharmakologischer Interventionen.