Ältere Frau arbeitet am Laptop

Vernetzungsgruppe Altern

Die Vernetzungsgruppe Altern erforscht die Mechanismen kognitiven Alterns und deren Einflussfaktoren mit dem Ziel, Arbeitsfähigkeit und Wohlbefinden auch im höheren Alter zu erhalten und zu verbessern.

Leitung
PD Dr. Stephan Getzmann
Anschrift
Ardeystr. 67
44139 Dortmund

Leitung Forschungsgruppe

Altern geht mit Veränderungen in zahlreichen sensorischen, motorischen und kognitiven Funktionen einher, die Auswirkungen auf das tägliche Leben und die Arbeit eines Menschen haben. Wie ein Mensch altert wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Diese Faktoren umfassen Lebensstil, Arbeitsbedingungen und Stress, aber auch Krankheiten, Infektionen und Gene. Ein Ziel der Alternsforschung ist es, die Wechselwirkungen dieser Faktoren und deren Veränderungen über die (Lebens-)Zeit aufzuklären.

Altern bedeutet jedoch nicht nur den Verlust von Funktionen. Kompensation, Erfahrungen, lebenslanges Lernen und Training können einem Abbau von Funktionen effizient entgegenwirken. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und seiner Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ist der Erhalt von geistigen Fähigkeiten, Arbeitsfähigkeit  und Wohlbefinden eine wichtige Zukunftsaufgabe.

Die Vernetzungsgruppe Altern erforscht die Determinanten und Mechanismen gesunden Alterns mit einem Schwerpunkt auf kognitiven Funktionen und den Arbeitskontext. Im Mittelpunkt steht hier die Dortmunder Vital-Studie, ein Forschungsprojekt des IfADo, das das Zusammenwirken unterschiedlichster Einflussfaktoren über die Lebens(arbeits)spanne in einem längsschnittlichen Ansatz untersucht. Die Forschung am Menschen wird durch tierexperimentelle Studien ergänzt, etwa zu den langfristigen Auswirkungen gesunder Ernährung.

Ein weiteres Ziel ist es, mehr über die Auswirkungen und Kompensation altersbegleitender Veränderungen in kognitiven Funktionen zu erfahren. Durch die Einbeziehung alltagsnaher Aufgaben und Tätigkeiten wird eine Brücke von der Grundlagenforschung hin zum Leben und Arbeiten älterer Menschen geschlagen. Zudem wird erforscht, wie gesundes Altern im Arbeitskontext aktiv durch Training gefördert werden kann und welche Rolle technische Lösungen dabei spielen können.

Die Vernetzungsgruppe Altern kooperiert eng mit den anderen Fachbereichen des IfADo im Bereich der Alternsforschung, ist aktiv in Leibniz-Forschungsverbünden wie dem Forschungsverbund Resilientes Altern und unterstützt die European Cognitive Aging Society (EUCAS).

Dortmunder Vital-Studie

Die Dortmunder Vital-Studie untersucht das Zusammenspiel von exogenen und endogenen Faktoren auf das kognitive Altern über die gesamte Lebensarbeitsspanne mit einem besonderen Fokus auf die Arbeit des Menschen. Die erhobenen Daten umfassen neuropsychologische, psychophysikalische, neurophysiologische, immunologische, genetische, medizinische sowie biochemische Parameter, und spiegeln so die Vielfalt der am Alterungsprozess beteiligten Prozesse wider.

Die Dortmunder Vital-Studie startete 2016 und ist ein Kooperationsprojekt aller Fachdisziplinen des IfADo. Nach der erfolgreichen Erstuntersuchung von mehr als 600 Menschen im Alter von 20 bis 70 Jahren begann 2021 die erste Nachuntersuchung. Dabei kommen zusätzliche Erhebungsinstrumente zum Einsatz, etwa um die langfristigen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Arbeit, das tägliche Leben und die psychische Gesundheit zu bestimmen. Publikationen zu verschiedenen Aspekten des kognitiven Alterns sowie eine zunehmende Zahl von Kooperationen mit externen Wissenschaftler:innen etwa zu den Themen Demenz, Stress, und Arbeitsfähigkeit zeigt die Bedeutung der gewonnenen Daten auch für zukünftige Fragestellungen.

Aktuelle Publikationen:

  • Akan, O., Bierbrauer, A., Kunz, L., Gajewski, P.D., Getzmann, S., Hengstler, J.G., Wascher, E., Axmacher, N. & Wolf, O.T. (2023). Chronic stress is associated with specific path integration deficits. Behavioural Brain Research, 442, 114305.
  • Bröde, P., Claus, M., Gajewski, P.D., Getzmann, S., Wascher, E. & Watzl, C. (2023). From immunosenescence to aging types – establishing reference intervals for immune age biomarkers by centile estimation. International Journal of Molecular Sciences, 24, 13186.
  • Gajewski, P.D., Golka, K., Hengstler, J.G., Kadhum, T., Digutsch, J., Genç, E., Wascher, E. & Getzmann, S. (2023). Does physical fitness affect cognitive functions differently across adulthood? An advantage of being older. Frontiers in Psychology, 14, 1134770.
  • Gajewski, P.D., Rieker, J.A., Athanassiou, G., Bröde, P., Claus, M., Golka, K., Hengstler, J.G., Kleinsorge, T., Nitsche, M.A., Reinders, J., Tisch, A., Watzl, C., Wascher, E. & Getzmann, S. (2023). A systematic analysis of biological, sociodemographic, psychosocial, and lifestyle factors contributing to work ability across the working life span: Cross-sectional study. JMIR Formative Research,7, e40818.
  • Mundorf, A., Getzmann, S., Gajewski, P.D., Larra, M., Wascher, E. & Ocklenburg, S. (2023). Stress exposure, hand preference, and hand skill: A deep phenotyping approach. Laterality, 28, 209-237.
  • Rieker, J.A., Gajewski, P.D., Reales, J.M., Ballesteros, S., Golka, K., Hengstler, J.G., Wascher, E. & Getzmann, S. (2023). The impact of physical fitness, social life, and cognitive functions on work ability in middle-aged and older adults. International Archives of Occupational and Environmental Health, 96, 507-520.
  • Bröde, P., Claus, M., Gajewski, P.D., Getzmann, S., Golka, K., Hengstler, J.G., Wascher, E. & Watzl, C. (2022). Calibrating a comprehensive immune age metric to analyze age-related changes in cardiorespiratory fitness: A cross-sectional study. Biology, 11, 1576.
  • Gajewski, P.D., Getzmann, S., Bröde, P., Burke, M., Cadenas, C., Capellino, S., Claus, M., Genç, E., Golka, K., Hengstler, J.G., Kleinsorge, T., Marchan, R., Nitsche, M.A., Reinders, J., van Thriel, C., Watzl, C. & Wascher, E. (2022). Dortmund Vital Study: a protocol of an interdisciplinary cross-sectional and longitudinal study to evaluate impact of biological and lifestyle factors on cognitive aging and work ability. JMIR Research Protocols, 11, e32352.
  • Getzmann, S., Arnau, S., Gajewski, P.D. & Wascher, E. (2022). When long appears short: Effects of auditory distraction on event‐related potential correlates of time perception. European Journal of Neuroscience, 55, 121-137.
  • Metzen, D., Genç, E., Getzmann, S., Larra, M., Wascher, E. & Ocklenburg, S. (2022). Frontal and parietal EEG alpha asymmetry: A large-scale investigation of short-term reliability on distinct EEG systems. Brain Structure and Function, 227, 725-740.
  • Getzmann, S., Digutsch, J, & Kleinsorge, T. (2021). COVID-19 Pandemic and Personality: Agreeable people are more stressed by the feeling of missing. International Journal of Environmental Research and Public Health, 18, 10759.
  • Thönes, S., Wascher, E., Gajewski, P.D. & Getzmann, S. (2021). Time hurries on but does not fly in older age – no effect of depressive symptoms. Timing & Time Perception, 9, 1-16.
  • Bierbrauer, A., Kunz, L., Gomes, C.A., Luhmann, M., Deuker, L., Getzmann, S., Wascher, E., Gajewski, P.D., Hengstler, J., Fernandez-Alvarez, M., Atienza, M., Cammisuli, D.M., Bonatti, F., Pruneti, C., Percesepe, A., Bellaali, Y., Hanseeuw, B., Strange, B.A., Cantero, J.L. & Axmacher, N. (2020). Unmasking selective path integration deficits in Alzheimer’s disease risk carriers. Science Advances, 6, 1394.
Alltagsnahe Forschung

Neben den Grundlagen des gesunden kognitiven Alterns betrachten wir dessen praktische Auswirkungen auf das Leben älterer Menschen. In (zumeist) drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten konzentrieren wir uns auf Aufgaben und Tätigkeiten, die besonders sensibel auf kognitives Altern reagieren und eine hohe Alltagsrelevanz haben. Durch Einsatz neurophysiologischer Methoden wie dem mobilen EEG können Einflüsse des Alters und der Kognition auf und in Alltags- und Arbeitstätigkeiten untersucht werden, wobei der Schwerpunkt auf deren funktionaler Rolle für die Arbeitsfähigkeit und das Wohlbefinden des Menschen liegt.

Dies gilt zum Beispiel für das Sprachverstehen unter komplexen Hörbedingungen. Hier erforschen wir die neurokognitiven Mechanismen für altersbedingte Veränderungen der auditiven Aufmerksamkeit, die Bedeutung audio-visueller Sprache im DFG-Projekt AuViSpeech sowie den Nutzen von nicht-invasiver Hirnstimulation und Training im BMBF-Projekt TRAINSTIM. Ein weiteres Beispiel sind Alterseffekte auf die Ablenkung beim Autofahren im DFG-Projekt DisDrive. Die längsschnittliche Entwicklung von verkehrssicherheitsrelevanten Parametern stand im Mittelpunkt der BASt-geförderten Studie DoBoLSiS, bei der rund 400 ältere Autofahrer:innen über einen Zeitraum von 5 Jahren untersucht wurden. Andere Beispiele sind die Bewältigung von Arbeitsunterbrechungen im DFG-Projekt Unterbrechung sowie Alterseinflüsse auf die Nutzung von Virtual Reality bei der Mensch-Maschine-Interaktion im DFG-Schwerpunktprogramm AUDICTIVE.

Aktuelle Publikationen:

  • Getzmann, S., Reiser, J.E., Gajewski, P.D., Schneider, D., Karthaus, M. & Wascher, E. (2023). Cognitive aging at work and in daily life – a narrative review on challenges due to age-related changes in central cognitive functions. Frontiers in Psychology, 14, 1232344.
  • Getzmann, S., Schneider, D. & Wascher, E. (2023). Selective spatial attention in lateralized multi-talker speech perception: EEG correlates and the role of age. Neurobiology of Aging, 126, 1-13.
  • Klatt, L.-I., Begau, A., Schneider, D., Wascher, E. & Getzmann, S. (2023). Cross-modal interactions at the audiovisual cocktail-party revealed by behavior, ERPs, and neural oscillations. NeuroImage, 271, 120022.
  • Begau, A., Arnau, S., Klatt, L.-I., Wascher, E. & Getzmann, S. (2022). Using visual speech at the cocktail-party: CNV evidence for early speech extraction in younger and older adults. Hearing Research, 426, 108636.
  • Begau, A., Klatt, L.-I., Wascher, E., Schneider, D. & Getzmann, S. (2022). The role of informational content of visual speech in an audiovisual cocktail party: Evidence from cortical oscillations in young and old participants. European Journal of Neuroscience, 56, 5215-5234.
  • Begau, A., Klatt, L.-I., Wascher, E., Schneider, D. & Getzmann, S. (2021). Congruent lip movements facilitate speech processing in a dynamic audiovisual multitalker scenario: An ERP study with older and younger adults. Behavioural Brain Research, 412, 113436.
  • Hanenberg, C., Schlüter, M.-C., Getzmann, S. & Lewald, J. (2021). Short-term audiovisual spatial training enhances electrophysiological correlates of auditory selective spatial attention. Frontiers in Neuroscience, 15, 645702.
  • Karthaus, M., Wascher, E. & Getzmann, S. (2021). Distraction in the driving simulator: An ERP study with young, middle-aged, old and oldest drivers. Safety, 7, 36.
  • Karthaus, M., Wascher, E., Falkenstein, M. & Getzmann, S. (2020). The ability of young, middle-aged and older drivers to inhibit visual and auditory distraction in a driving simulator task. Transportation Research Part F: Psychology and Behaviour, 68, 272-284.
Training und Interventionen

Dem Erhalt und der Verbesserung kognitiver Funktionen im Alter kommt eine besondere Bedeutung zu. Aufbauend auf unsere Forschung zu den Auswirkungen kognitiven Alterns auf Alltagstätigkeiten und Arbeitsleistung untersuchen wir den Nutzen von Trainings. In Projekten wie den PFIFF Studien und dem INNOKAT Projekt haben wir kognitive, physische und Stress-Management-Trainings entwickelt, implementiert und evaluiert, die entsprechende Ressourcen bei jüngeren und älteren Beschäftigten effektiv verbessern können. Daneben  erforschen  wir die Wirksamkeit von Kurzzeittrainings, die sich leicht in den Arbeitsalltag des Menschen integrieren lassen.

Technologiebasierte Ansätze werden in Zukunft ältere Menschen vermehrt unterstützen. Die Entwicklung solcher Lösung steht im Mittelpunkt von Projekten zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und Gesundheit älterer Menschen. So zielte das EU Horizon 2020 Projekt sustAGE war die Entwicklung und Evaluierung einer personenzentrierten Smart Solution zur Unterstützung älterer Beschäftigter in Form eines personalisierten Empfehlungssystem zur Rückmeldung des aktuellen mentalen, physischen und motivationalen Status einer Person. Das BMBF-geförderte Projekt „Digitaler Engel“ zielte auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegepersonal durch Entwicklung von Assistenzsystemen zur Verbesserung der Emotionsarbeit im Umgang mit Patient:innen. Flankiert wurde dies durch die Entwicklung begleitender Interventionsmaßnahmen beispielsweise zur Stressbewältigung. Unser neues DFG-Projekt StressDrive zielt auf verhaltensbezogene, emotionale und physiologische Folgen und mögliche Interventionen zur Reduzierung von Arbeitsstress bei jüngeren und älteren Lkw-Fahrern.

Aktuelle Publikationen:

  • Gajewski, P.D., Stahn, C., Zülch, J., Wascher, E., Getzmann, S. & Falkenstein, M. (2023). Effects of cognitive and stress management training in middle-aged and older industrial workers in different socioeconomic settings: A randomized controlled study. Frontiers in Psychology, 14, 1229503.
  • Kardys, C., Küper, K., Getzmann, S., Falkenstein, M. & Voelcker-Rehage, C. (2022). A comparison of the effects of short-term physical and combined multi-modal training on cognitive functions. International Journal of Environmental Research and Public Health, 19, 7506.
  • Velana, M., Sobieraj, S., Digutsch, J. & Rinkenauer, G. (2022). The advances of immersive virtual reality interventions for the enhancement of stress management and relaxation among healthy adults: a systematic review. Applied Science, 12, 7309.
  • Digutsch, J., Velana, M., Rinkenauer, G. & Sobieraj, S. (2021). Capturing interactive work for nurses – first validation of the German IWDS-N as a multidimensional measure. International Journal of Environmental Research and Public Health, 18, 7786,
  • Velana, M. & Rinkenauer, G. (2021). Individual-level interventions for decreasing job-related stress and enhancing coping strategies among nurses: A systematic review. Frontiers in Psychology, 12, 708696.
  • Gajewski, P.D., Thönes, S., Falkenstein, M., Wascher, E. & Getzmann, S. (2020). Multidomain cognitive training transfers to attentional and executive functions in healthy older adults. Frontriers in Human Neuroscience, 14, 586963.
  • Gajewski, P.D. & Falkenstein, M. (2018). ERP and behavioral effects of physical and cognitive training on working memory in aging: a randomized controlled study. Neural Plasticity, article ID 3454835.
  • Gajewski, P.D., Freude, G. & Falkenstein, M. (2017). Cognitive training sustainably improves executive functioning in middle-aged industry workers assessed by task switching: a randomized controlled ERP study. Frontiers in Human Neuroscience, 11, 81.
  • Küper, K., Gajewski, P.D., Frieg, C. & Falkenstein, M. (2017). A randomized controlled ERP study on the effects of multi-domain cognitive training and task difficulty on task switching performance in older adults. Frontiers in Human Neuroscience 11, 184.

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